Am Fuße eines nach Norden aufsteigenden Vulkanberges erhebt sich die alte Kirche St. Lambertus in dem 400 Seelen Dorf Steinborn, seit 1970 Stadtteil von Daun.
Steinborn ist ein alter Ort aus fränkischer Siedlungszeit. Auch wenn er erst 1316 im „liber valoris“ urkundlich erwähnt wird, besaß der Ort vermutlich um die Jahrtausendwende bereits eine kleine Dorfkirche. Indizien dafür sind zum einen die Wahl des hl. Lambertus als Kirchenpatron und zum anderen die Tatsache, daß Steinborn bereits recht früh (bereits vor 1244) als Großpfarrei im Eifeldekanat des Kölner Erzbistums erwähnt wird.
Vermutungen, daß die Steinborner Kirche auf Resten eines keltischen oder römischen Heiligtums errichtet wurde, können nicht bewiesen werden, sind aber auch nicht abzustreiten.
Steinborn war durch das gesamte Mittelalter bis zu Beginn des 19. Jhd. eine große Grenzpfarrei im Süden der unteren Kammer der zum Erzbistum Köln zählenden Eifelchristianität. Bereits der Nachbarort Niederstadtfeld war trierisch. Elf Filialen gehörten zu Steinborn und wurden von dort aus betreut:
- Neunkirchen (seit 1803 eigene Pfarrei),
- Pützborn (seit 1805 zu Neunkirchen),
- Waldkönigen (heute Filiale von Neunkirchen),
- Neroth (seit 1803 selbständige Pfarrei),
- Kirchweiler (seit 1803 selbständige Pfarrei),
- Oberstadtfeld (seit 1803 Filiale von Niederstadtfeld),
- Gees (seit 1803 bei Gerolstein),
- Hinterweiler (seit 1803 Filiale von Kirchweiler),
- Hohenfels (seit 1803 Filiale von Kirchweiler),
- ein Drittel von Gemünden (heute Filiale v. Daun) und
- Weiersbach (seit 1803 Filiale von Üdersdorf.
Kaum vorstellbar, welche kilometerweiten Wege die Gläubigen bei Wind und Wetter von ihren Dörfern zur Pfarrkirche zurücklegen mußten!
Steinborn unterstand der kirchlichen Hoheit der Erzdiözese Köln. Die weltliche Herrschaft übte der jeweilige Trierer Kurfürst aus, der die dortigen Güter Mitte des 14. Jhd. den Grafen von Daun abkaufte. Im Laufe der Zeitgeschichte meldete noch ein weiteres mächtiges und stolzes Geschlecht Ansprüche an, und zwar das derer von Manderscheid-Blankenheim, das durch Erbverträge und Heirat Teile der Pfarrei in ihren Besitz brachten.
So wurde 1587 der große und kleine Zehnt zu 1/3 unter dem Kurfürsten von Trier, 1/3 unter Manderscheid und das restliche Drittel unter dem Pastor der Pfarrei aufgeteilt.
Von Anfang an hatte die Pfarrkirche Steinborn in dem nur wenige Minuten entfernten Dorf Neunkirchen einen starken Rivalen, das stetig versuchte, Steinborn den kirchlichen Rang abzulaufen und selbst Pfarrei zu werden, was ihm auch 1803 erfolgreich gelang.
Neunkirchen, im Hochmittelalter ein Wallfahrtsort, war bedeutend und vermögend. Rasch entwickelte es sich zu einer selbständigen Vikarie (vicariatus realis) mit einem eigenen Vikar. Dieser Zustand dauerte bis 1513.
Dann führte der damalige Pastor Hees aus Steinborn eine wichtige Entscheidung und die Grundlage der späteren Wende herbei.
Er gliederte die Vikarie Neunkirchen in die Mutterpfarrei Steinborn ein und erließ die verpflichtende Anordnung, daß nun der Vikar nicht nur Neunkirchen, sondern auch die gesamte, flächenmäßig riesige Pfarrei zu verwalten habe. Er erhielt den Titel „vicarius perpetuus“ und eine größere Vergütung, während der zuständige Pastor sich „personatista“ nannte, nicht mehr in der Pfarrei wohnte und von allen gottesdienstlichen Verpflichtungen entbunden war.
Lediglich einige Male im Jahre zeigte er sich seinen Pfarrangehörigen als rechtmäßiger Herr und nahm das ihm zustehende Drittel des großen und kleinen Zehnten, die Pacht des Pfarrhauses und der kirchlichen Ländereien in Empfang.
Ein Dokument über die Eingliederung lieferte uns Pfarrer Reubell (1669-1710):
„Ein vicarius perpetuus zu Neunkirchen ist allezeidt dem gantzen Kirspell ein Capellan schuldig zu halten, der ihm den Gottesdienst hilft zu verrichten, weillen der Pastor als personatista in der Pfarrkirchen Steinbohren keinen Gottesdienst zu Verrichten obligied; sondern der vicarius mit einem Capellan muß alles entrichten von alters herro Menschen gedenken, deswegen ehr ein vicarius perpetuus gnändt und gehalten wirdt.“
An einer anderen Stelle ist zu lesen:
„Steinbohren hat einen eigenen Widemhoff (Pfarrhaus), wird aber jetziger Zeidt nicht bewohndt, welcher ein pastor zu Steinbohren ist, hat die vicarie zu Neunkirchen zu begeben; dasselbsten hat auch ein vicarius seinen Widemhoff; der vicarius muß einen Capellan halten.“
Dieser Zustand währte fast ein Jahrhundert: Steinborn war Pfarrei, der arbeitende Priester wohnte aber in Neunkirchen.
Dann traf Pastor Martin Fontanus eine folgenschwere Entscheidung. Er vereinigte beide Ämter in einer, in seiner Person. Ab jetzt nannte sich der Pfarrstelleninhaber „Pastor in Steinborn und vicarius perpetuus in Neunkirchen“. Nach wie vor bewohnten er und seine Nachfolger das imposante Neunkirchener Pfarrhaus aus dem Jahre 1680 und venachlässigten die Pfarrei Steinborn immer mehr, bis es unter der französischen Revolutionsherrschaft im Jahr 1803 zu gänzlichen Neueinteilungen von Dekanaten und Bistümern kam.
Dieses Jahr war ein Merkstein in der Geschichte der Pfarrei, die auf die bis heute bestehende Größe mit den Filialen Waldkönigen, Steinborn, Pützborn verkleinert wurde. Neunkirchen wurde schlußendlich Pfarrkirche mit Sitz des jeweiligen Pfarrers, während Steinborn zur Filiale „degradierte“.
Dessen Bewohner wehrten sich so gut sie konnten, legten sich streitend mit Neunkirchen an, doch vergebens. Pastor Wrangel von Daun flehte inständig den Neunkirchener Pfarrer Berief und das Trierer Generalvikariat an, doch wenigstens den Gläubigen in Steinborn ihre Sonntagsmesse zu belassen. Es würde mit Sicherheit dem Neunkirchener Pfarrer nicht schwer fallen, in der nur acht Minuten entfernten Filiale eine Messe zu lesen. „Und als 1818 in Neunkirchen der Kirchendachstuhl eingesunken war, sträubte sich Pfarrer Mergen den Gottesdienst in Steinborn zu halten, weil dann die Bewohner von Steinborn und Waldkönigen ein gewonnenes Spiel hätten.
Noch 1820 und 1849 berichteten Eingaben an die Behörde in Trier, daß die Bewohner von Steinborn alle Sakramente in ihrer Kirche wünschen. Das Generalvikariat rät Pfarrer Meyers, der anscheinend alle Taufen und Heiraten in Steinborn eingestellt hatte, alte Bräuche einzuhalten und Steinborn, dem ehemaligen Pfarrsitz diese Vergünstigung weiter zu belassen.
Mit der Zeit fügte Steinborn sich in die neuen Verhältnisse“ (Schug).
Nach grundlegenden Renovierungen um die Jahrhundertwende wurde 1912 das Allerheiligste wieder in die Lambertuskirche gebracht und seit dieser Zeit findet wöchentlich einmal Gottesdienst in ihr statt.